Definitionen

Eine weitreichende Definition lautet:

Ideologien sind Systeme von Ideen und Werten, die auf verschiedene Bereiche des menschlichen Lebens angewendet werden können, insbesondere auf Politik, Wirtschaft und Weltanschauung.

 

Grundsätzlich könnte der Begriff auch auf die Wissenschaften bezogen werden, aber in diesem Bereich spricht man eher von Hypothesenbildung; wobei eine wissenschaftliche Hypothese so lange gilt, so lange sie nicht widerlegt bzw. ergänzt werden kann. 

 

Der Literaturwissenschaftler und Philosoph Peter Tepe unterscheidet positive und negative Ideologien, wobei die Messlatte die Vernunft bzw. die Nachprüfbarkeit darstellt ("Fundamentalismus als Denkform", 1999-2000). Aufgrund des Nachprüfbarkeitskriteriums stehen die positiven Ideologien der Wahrheit näher und vertreten ihre Anliegen toleranter. Die negativen neigen dagegen zu Dogmatismus,  Intoleranz und Fundamentalismus.

 
In einer aktuelleren Veröffentlichung ("Ideologie", in: Grundthemen Philosophie, Berlin/Boston 2012, Vorwort S. 1 - 12) unterscheidet Tepe drei Bereiche der Ideologietheorie, und zwar:
 

  • die kognitive (erkenntniskritische), im wesentlichen eine Theorie von Erkenntnisirrtümern (z. B. durch bedürfniskonformes Denken)
  • die weltanschauungsanalytische (dogmatisch oder undogmatisch)
  • die programmanalytische (soziale und politische Programme).

Weltanschauungen und politische Programme sollten in undogmatischer Form vertreten werden: Dies bedeutet Toleranz gegenüber Alternativ-/Konkurrenzauffassungen und anderen Parteiprogrammen. Die Grundbedingungen für diese Haltung gewährleistet z. B. eine offene Gesellschaft bzw. ein liberaler Verfassungsstaat, der alle militant vertretenen dogmatischen Systeme in rechtsstaatliche Schranken weisen kann.

 

Die nachfolgenden Definitionen beschäftigen sich mit den  "negativen", schädlichen Ausprägungen der Ideologien.

 

Jakob Barion gibt in seinem 1971 erschienen Buch "Was ist Ideologie?" folgende Definition:


"Als Ideologie werden Auffassungen bezeichnet, die sich als die allein wahren verstehen, alle anderen als falsch und als der Wahrheit feindlich hinstellen, die es daher zu bekämpfen gilt." S. 7.

 

 

Noch deutlicher wird Gottfried Thieme ("Der ideologische Wahn. Über die Ursünde des Menschen", 1991):

 

"Eine Ideologie ist die systematische intellektuelle Ausarbeitung einer Idee und/oder eines Ideals, die autoritär als Wahrheit verkündet wird, selbst wenn sie unbewiesen, unbeweisbar oder durch Tatsachen widerlegt ist." S. 24.

 

 

Die deutsch/jüdisch/amerikanische Philosophin und Publizistin Hannah Arendt verwendet in ihrem Hauptwerk "Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft", New York 1951 und München 1986, folgende Beschreibung:

 

" ...... das eigentliche Wesen der Ideologie ist, aus einer Idee eine Prämisse zu machen, aus einer Einsicht in das, was ist, eine Voraussetzung für das, was sich zwangsmäßig einsichtig ereignen soll." S. 719.

Hat der Zuhörer/Leser erst einmal die Prämisse akzeptiert, z. B. die Rassenkampftheorie des Nationalsozialismus oder die Klassenkampftheorie des Marxismus, dann läuft alles Weitere

" ...... mit einer Stimmigkeit ab, wie sie in der Wirklichkeit nie anzutreffen ist ..... " S. 723.

 

 

Der soziologische Aspekt der Ideologien wird von Terry Eagleton ("Ideology. An Introduction", London/New York 2007, Erstausgabe 1991) herausgearbeitet:

 

"Ideologie hat mit der Legitimation der Macht einer dominanten Gruppe oder Klasse zu tun." S. 5.

 

 

Ähnlich argumentiert auch Louis Althusser ("Ideologie und ideologische Staatsapparate", Hamburg 2010).
Zunächst zitiert er den Ideologiebegriff von Karl Marx:

 

"Die Ideologie ist nun das System von Ideen und Vorstellungen, das den Geist eines Menschen oder einer gesellschaftlichen Gruppe beherrscht." S. 71.

 

Althussers Schlussfolgerung lautet dann:

 

"Ideologien unterstützen den Machterhalt einflussreicher gesellschaftlicher Gruppen zu Lasten der übrigen, nicht-privilegierten Gruppen." S. 92ff. 

 

 

Jan Rehmann ("Einführung in die Ideologietheorie", Hamburg, 2008) zeigt die Nutzanwendung der Zusammenführung von Ideologietheorie und Ideologiekritik am Beispiel des "Neoliberalismus" bzw. "Neokonservatismus", der vor allem von Milton Friedman und Friedrich A. Hayek vertreten wurde und der die Deregulierung der Märkte zum Inhalt hatte: Stärkung des Wettbewerbsgedankens, gegen Sozialstaat und Keynesianismus.
Besserer Weg: Verknüpfung des Wettbewerbsgedankens ("freier Markt") mit sozialer Abfederung für diejenigen, die im Spiel des freien Marktes die Verlierer sind --> "soziale Marktwirtschaft".